"Blickt auf Afrika, auf die Krönung des schwarzen Königs. Er wird der Messias sein!" Am 2. 11. 1930 wurde Ras Tafari Makonnen zum Herrscher von Äthiopien gekrönt und trug fortan den Titel "Haile Selassie I., Macht der heiligen Dreifaltigkeit, König der Könige, Herr der Herren, der erobernde Löwe von Juda, auserwählt von Gott".

Die Prophezeiung aus den 20er Jahren schien sich nach nur wenigen Jahren erfüllt zu haben. Äthiopien, das biblische Land von König Salomo und der schwarzen Königin von Saba aus dem alten Testament, war das gelobte Land, in dem nun ein schwarzer Erlöser herrschte, ein Gott für alle entwurzelten Afrikaner auf der Welt. Nach der Krönung von Haile Selassie zum Kaiser und unter dem Eindruck der Lehren des jamaikanischen Politiker und Nationalhelden Marcus Garvey, begann im Jamaika der 30er Jahre, in dem die farbige Bevölkerungsmehrheit unter erbärmlichen Bedingungen lebte, die Zahl derer zuzunehmen, die Haile Selassie, den Ras Tafari, als göttlich verehrten. Anfang der 40er Jahre wurden die ersten Rastafari-Gemeinden in den Ghettos von Kingston gegründet.

Den weißen Christus der ehemahligen europäischen Kolonialherren lehnen die Rasta wie auch deren gesellschaftliches System als sündhaftes "Babylon" ab. Ihr heiliges Buch ist die Amharische Bibel, eine der frühen Schriften des Alten Testaments. Die Rastas tragen ihre Haare ungekämmt, in Locken, die an eine Löwenmähne erinnern. Die Haare werden oft von mächtigen, in den Nationalfarben von Äthiopien (rot, gelb, grün) gehaltenen Mützen (Tams) gebändigt. Diese Farben haben für die Rastafari eine zusätzliche Bedeutung: Rot steht für das Blut, das in der Sklaverei vergossen wurde, gelb (gold) für den Reichtum, der ihnen genommen wurde, grün für das geraubte Land. Kaffee, Nikotin, Fleisch, Salz und Alkohol sind aus der Ernährung verbannt.

Das rauchen des Ganja, von Marihuana, in einer Pfeife oder als Spliff, also eine Zigarette, einen Joint, gehört nach einer entsprechenden Auslegung der Bibel zum Gottesdienst. Das ungewöhnliche Erscheinungsbild der Rastafari, ihre Ablehnung der von den Engländern vorgegebenen Ordnung, die zunächst offensiv vorgetragene Auffassung, alle Schwarzen sollten nach Afrika zurückkehren und der offene Genuß von Marihuana machte sie in den Augen vieler suspekt. Erst in den 70er und 80er Jahren begannen sich die jeweils Herrschenden mit ihrer Existenz abzufinden und sie widerwillig zu tolerieren. Bob Marley, Rasta und international populärer Reggae-Superstar hatte nicht wenig Anteil daran. Auch andere Reggaeinterpreten gehör(t)en dieser Glaubensgemeinschaft an.

Der Sturz des feudalen Herrschaftssystems in Äthiopien im September 1974 und der Tod des Kaisers im darauffolgenden Jahr hat dessen Verehrung als Gott und Erlöser wenig Abbruch getan Haile Selassie war über die Anbetung seiner Person auf Jamaika eher verwundert. Auch wenn die religiöse Gruppe der Rasta in Jamaika eine Minderheit von nicht mehr als 5% ausmachen, ist ihre kulturelle Ausstrahlung, nicht nur über die Reggae-Musik, deutlich größer.